Schneemann
Installation im Kunstverein Pforzheim 2020
Epoxidharz, Acrylfarbe, Stahl, Holz
ca. 110 x 400 x 400 cm
Kirsten Voigt: Die Figuren in Ihren Installationen wirken existenziell ausgesetzt auf mich – fragend, verloren, hilflos, bedroht – wie zum Beispiel jene Frauenfigur mit verhülltem Haupt, ausgestellt hoch oben auf einem Hocker an der Wand. Sie scheinen oft eigentümlich entrückt, aus der Zeit gefallen, in artifizielle und unbequeme, gefährliche Situationen überführt. Mit dem König, den Sie vervielfältigen, verkleinern, meinen Sie, nehme ich an, uns alle als selbsternannte Krone der Schöpfung. Und diese Krone wirkt in diesen „Großartigen Zeiten“ entzaubert, verstört und hilflos. Man hat den Eindruck, dass Sie ihren Protagonisten mit sehr gemischten Gefühlen, mit ambivalenten Emotionen gegenüberstehen.
Bernd Hennig: Obwohl ich versuche, mich meinen Mitmenschen mit großer Empathie zu nähern, stimmt der Eindruck meiner etwas ambivalenten Gefühlslage. Der entsprechen meine Figuren, die in ebensolchen, ambivalenten Situationen anzutreffen sind. Ich denke, dass widersprüchliche Eindrücke eine notwendige, künstlerische Strategie sind, um sich der schnellen Vereinnahmung zu entziehen. Genauso wie bei mehrdeutigen Aussagen oder einer ironischen Brechung eine Distanz zwischen dem Sichtbaren und dem weiten Feld möglicher Interpretationen entsteht – und aus der Distanz lässt sich das große Ganze eher wahrnehmen als aus zu großer Nähe. Die Ironie hinter dem Ausstellungstitel ‚Großartige Zeiten‘ ist unschwer zu erkennen. Ein König beansprucht für sich ja absolute Einzigartigkeit. Wir haben das Problem, dass wir eine inflationäre Zunahme von Königinnen und Königen beobachten müssen. Und es könnte sein, dass die selbsternannten Könige gar nicht merken, dass sie nackt sind...